Liebe Kolleg*innen, liebe Interessierte an der Heilerziehungspflege,
die Corona-Krise ist für viele Menschen eine große Herausforderung. Sie tragen mit Kreativität, Ausdauer und Improvisationsvermögen dazu bei, dass die Krise gut gemeistert wird. Es ist mir ein Anliegen, allen Beteiligten für Ihr außerordentliches Engagement zu danken.
Bei der Betreuung von Menschen mit Behinderung sind häufig besondere Anstrengungen, sowie individuelles und kreatives Handeln notwendig.
An dieser Stelle und auch in der nächsten Ausgabe der HEP-Informationen (Erscheinungstermin Ende Juni 2020) berichten Kolleg*innen, wie sie der Krise begegnen.
Katja Haag hat ein Corona-Tagebuch als Video erstellt. Hier der Link dazu. https://www.wochenblatt-online.de/ausgabe-tuttlingen/tuttlingen/corona-video-tagebuch-mit-katja/
Es ist wichtig, dass wir miteinander kommunizieren, deshalb möchten der Berufsverband Heilerziehungspflege in Baden-Württemberg e. V. Sie bitten, Ihre Erfahrungen und Ihr Handeln als Video oder Textbeitrag an dieser Stelle und/oder in den HEP-Informationen darzustellen.
Auf Ihre zahlreiche Rückmeldungen freut sich
Edmund Willi
Vorsitzender Berufsverband Heilerziehungspflege in Baden-Württemberg e. V.
Während der Corona Zeit im Wohnheim für Menschen mit Behinderung
Auch in diesen stürmischen Zeiten sind Menschen mit Behinderung davon betroffen.
Es trifft sie vielleicht sogar härter als Menschen ohne Behinderung, da sie wirklich kaum noch sozialen Kontakt haben da die FUBs und Werkstätten aktuell komplett geschlossen sind.
Auch auf den Wohngruppen hat sich einiges geändert hierzu haben wir einen Bewohner befragt und dieser teilte sehr gerne die Geschehnisse mit uns: Hallo erstmal, ich bin Max Mustermann, bin 39 Jahre alt. Seit dem das Virus da ist, hat sich für uns sehr viel geändert da unser Tagesablauf nicht so ist wie vorher. Denn es sind jetzt alle Bewohner dauerhaft auf der Gruppe. Unsere Betreuer tragen zurzeit immer einen Mundschutz und halten wenn möglich Abstand was sie davor nicht gemacht haben. Auf die Frage wann denn der Virus den vorbei sei konnten sie mir leider noch nicht sagen.
Ich habe die Hoffnung dass es bald vorbei sein wird dass wir wieder und zu unserem gewohnten Alltag zurückkehren können.
MfG Max Musterman
Corona, eine Herausforderung auf allen Ebenen
Auch Einrichtungen der Behindertenhilfe werden von der Corona-Pandemie bedroht. Zum Glück nur bedroht, denn bis jetzt ist noch kein positiver Fall aufgetreten. Verschiedene Einrichtung wurden schon vor Wochen geschlossen und bleiben es auch weiterhin. Die Bewohner in verschiedenen Einrichtungen der Behindertenhilfe sind ebenfalls zum Zuhause bleiben aufgefordert. Dies gestaltet sich aber zunehmend schwieriger, da den Bewohnern sozusagen die Decke auf den Kopf fällt.
Einrichtungen wie Altersheime und Krankenhäuser werden des öfteren von musizierenden und singenden Gruppen besucht. Sie sorgen so für eine willkommene Abwechslung.
Einrichtungen der Behindertenhilfe werden aber größtenteils vergessen. Im normalen Alltag gibt es in der Seniorenbetreuung und im FuB-Bereich Gruppen, die sich regelmäßig treffen und zusammen singen und musizieren. In den Wohngruppen nur zu bestimmten Anlässen, wie z.B. an Geburtstagen oder in der Weihnachtszeit. Also haben sich einige Betreuer zusammengeschlossen und in ihren Gruppen und Häusern Gesangsgruppen zusammengestellt. Betreuer haben Musikinstrumente mitgebracht und es wurde gemeinsam gesungen und musiziert. Die Stimmung war während und nach dem musikalischen Nachmittag sehr entspannt und es wurde beschlossen, dass dieser Musiknachmittag auch nach der Krisenzeit in den Wohnbereichen beibehalten wird.
Simone Pazdersky
Corona-Pandemie: Wie gehen die Mitarbeiter in den Einrichtungen damit um?
Uns ist in der Einrichtung wichtig die Bewohner über das Thema Corona (durch Leichte Sprache) so gut wie möglich zu Informieren. Damit sie verstehen weshalb, ihre Arbeitsstellen geschlossen sind und Kontakt zu anderen aus der Einrichtung nicht mehr möglich ist. Wichtig ist es auch, dass die Bewohner wissen wie sie sich vor dem Virus schützen können. Wir Mitarbeiter haben uns mit den Bewohnern an einen Tisch gesetzt, um mit Leichter Sprache und mit Bildern zu erklären, wie man sich vor dieser Krankheit schützen kann. Und welche Regeln man befolgen sollte, um sich und seine Liebsten außer Gefahr zu bringen. Unsere Bewohner haben zum Thema viele Fragen gestellt, waren auch sehr interessiert mehr darüber zu erfahren. Als sie erfuhren, dass ihre Familien, Bekannte und Freunde nicht mehr ins Haus kommen dürfen, war die Stimmung sehr niedergeschlagen, dennoch verstanden alle, dass dies das Beste für alle Beteiligten ist.
In den letzten Wochen fiel mir auf das es mehr Streitigkeiten unter den Bewohner gab. Durch verschiedene Angebote im Haus wird die Stimmung lockerer, sie können sich dadurch gut ablenken und werden nicht immer mit dem Virus konfrontiert. Sportliche Aktivitäten können auch im Haus durchgeführt werden und werden bei uns von den Bewohnern sehr geschätzt. Durch Sitztänze, Ballspielen oder leichte Übungen mit einem Fitnessband kann man sich gut auspowern, wir gehen für die sportlichen Aktivitäten bei gutem Wetter gerne vors Haus in den Garten.
Milena Salwai
Folgen der Covid-19 Pandemie für Menschen mit Behinderungen
Seit dem vierten März 2020 breitet sich auch in Deutschland das Corona Virus (auch Covid-19 genannt) weiter aus. Nicht nur die Altenheime und Krankenhäusern haben damit zu kämpfen, auch in Stiftungen in den Menschen mit Behinderungen wohnen und leben. Immer wieder wurde ich aufmerksam im Internet und konnte lesen: „Dankeschön an alle Altenpfleger und Krankenpfleger“. Doch Menschen mit Behinderungen sind genauso wichtig und ich als angehende Heilerziehungsassistentin muss sagen, auch WIR haben ein Dankeschön verdient, auch wir riskieren alles damit es den Menschen genauso gut geht wie euch da draußen.
Durch die aktuellen Situation sind Förderbereiche und Tagesstrukturen geschlossen, somit können die Menschen mit Behinderungen im Moment nicht arbeiten gehen und verbringen die Zeit auf den Wohngruppen, für viele unvorstellbar, sie möchten sich nützlich machen, fühlen sich eingesperrt, doch bleiben in ihren Heimen und Wohnungen um uns und sich zu schützen. Die Mitarbeiter sind verpflichtet eine Schutzmaske zu tragen während des gesamten Dienstes. Sollten Mitarbeiter Erkältungssymptome bekommen sollten sie zu Hause bleiben und sich in Quarantäne begeben.
Zusätzlich herrscht in allen Heimen Zutrittsverbot für alle Angehörigen und Besucher, dies bitten auch alle Heilerziehungspfleger und -assistenten einzuhalten. Die Mitarbeiter bemühen sich um mehr Tagesangebote und genießen natürlich mit den Bewohnern die sonnige Zeit draußen im Garten.
Die Mitarbeiter und auch die Bewohner freuen sich über Anrufe von ihren Angehörigen anstatt einen Besuch.
Jeanette Schmid
Die Corona-Pandemie auf meiner Arbeitsstelle
Keine Werkstatt. Keine Seniorenbereiche. Keine Freizeitaktivitäten. Keine Besuche daheim. Mundschutz. Kaputte Hände vom Desinfizieren. Verängstigte Bewohner. Ausgelaugte Mitarbeiter. Und viel mehr ...
So sieht es im Moment bei uns auf der Wohngruppe 24 im Landkreis RAVENSBURG aus.
Es hat erst langsam begonnen in dem wir die Bewohner auf der Gruppe gelassen haben und auf Anweisungen von oben gewartet haben. Dann ging alles auf einmal ganz schnell. Viele Emails und das Telefon das ständig geläutet hat. Welche Hygienemaßnahmen wir nun zu beachten haben. Alle Arbeitsbereiche unserer Senioren schließen. Genaue Anleitungen wie wir zu reagieren haben wenn ein Klient Symptome aufweisen sollte.
Relativ schnell bekamen wir dann Unterstützung von zwei Kollegen aus der Seniorentagesstruktur. Sie haben die Betreuung nun in einen Aufenthaltsraum auf unserer Wohngruppe verlegt. Es wird gebastelt, gemalt, gespielt und Spazieren gegangen.
Eine Riesen Entlastung für uns Gruppenmitarbeiter.
Und jetzt stellt sich jeder die Frage wie geht es weiter?
Was macht das mit unseren Bewohnern? Wie lang können wir das noch Stemmen? Wir müssen und gegenseitig Kraftspenden und gemeinsam durch die Harte Zeit gehen.
Friederike
Corona – Ein neuer Alltag
Bei uns in der Einrichtung sind alle Bewohner zuhause. Ausnahmen sind die Bewohner mit einem hohen Betreuungsaufwand oder wenn die Eltern in einem systemrelevanten Beruf arbeiten. Manche haben auch keine Eltern oder Verwandten mehr. Wir dürfen die Gruppen nicht zusammenlegen, jeder Bewohner sollte auf seiner eigenen Gruppe bleiben. Viele Gruppen haben geschlossen, die Mitarbeiter helfen auf anderen Wohngruppen aus. Bei uns auf der Gruppe ist aktuell nur noch eine Person. Sie fällt unter die Ausnahmen. Der Gruppenalltag gestaltet sich sehr träge und es gibt nicht mehr viel zu tun. Die meiste Zeit gehen wir raus an die frische Luft zum Spazieren oder Spielen im Garten. Mit anderen Aktivitäten wird es schwierig. In den letzten fünf Wochen haben wir die Gruppe aufgeräumt und ausgemistet, die Bewohnerzimmer neugestaltet, neue Spielsachen bestellt für den Garten und haben eine Lieferung mit neuen Badmöbeln bekommen. Wir haben bis jetzt keine bestimmten Hygienemaßnahmen. Den Abstand von 1,5 Metern einzuhalten wird bei uns schwierig, da unsere Bewohnerin viel Unterstützung benötigt. Auch unter uns Mitarbeitern ist dies schwierig einzuhalten, da wir oft zu dritt im Dienst sind, damit wir nicht so tief in die Minusstunden fallen. Wir nehmen auf uns gegenseitig Rücksicht. Standard-Hygienemittel, wie Desinfektionsmittel und Handschuhe sind vorrätig, Masken fehlen uns noch, um uns zu schützen. Wir haben absolutes Besuchsverbot. Die Essenslieferanten stellen den Container vor der Türe ab. Sie klingeln einmal und gehen dann wieder. Wir haben eine Regelung für Bewohner, die wieder zurück auf die Gruppe kommen müssen. Bei ihnen wird vor der Abreise Temperatur gemessen und es muss von den Eltern ein Formular ausgefüllt werden. Darin steht zum Beispiel, ob der Bewohner Kontakt hatte mit einem positiven Fall oder er irgendwelche Anzeichen hat. Am Ende müssen beide Eltern unterschreiben. Wenn, der Bewohner „gesund“ ist, darf er auf die Gruppe kommen. Bei uns auf der Gruppe wird dann auch nochmal Fieber gemessen. Der Gruppenalltag wird sich vermutlich erstmal nicht mehr groß ändern.
Anna-Sophia L.
Covid19 – Wie lange noch?
„Wann dürfen wir wieder arbeiten?“ „Wann dürfen wir wieder in die Seniorenbetreuung?“ „Wann darf ich wieder Heim zu meiner Schwester / Mama / Papa / Bruder?“ „Ich muss Schaffa ganga!“
Diese Fragen werden uns Mitarbeiter momentan jeden Tag von unseren Bewohnern gestellt. Wir können Ihnen keine richtige Antwort darauf geben.
Bei uns im Wohnheim ging alles ganz schön schnell. Die Bewohner blieben schon 2 Wochen vorher daheim und gingen nicht mehr arbeiten. Nach denen 2 Wochen wurde dann die Werkstatt geschlossen. Wir Mitarbeiter haben Tagdienste bekommen, wo wir sonst eigentlich immer nur am Wochenende haben. Es war eine Umstellung für uns alle solange am Stück zu Arbeiten.
Viele Emails und Telefonate von oben kamen rein was es jetzt alles zu beachten gilt Mundschutz, Hygienemaßnamen, Temperatur messen vor Dienstbeginn und vieles mehr ... Jeden Tag mussten wir viele und lange Emails vom Newsticker lesen.
Ein Quarantäenbereich wurde eingerichtet, falls ein Bewohner bei uns Symptome aufweisen sollte.
Relativ schnell bekamen wir dann auch Unterstützung von vier Kolleginnen, die in einem anderen Bereich tätig sind aber der Bereich auch geschlossen wurde.
Für die Tagesbetreuung der Bewohner sind wir jetzt auch zuständig. Es wird gemalt, gebastelt, wir gehen spazieren, dürfen wir aber auch nur zu zweit d.h ein Mitarbeiter und ein Bewohner. Wir genießen das tolle Wetter auf dem Balkon oder gehen mit denn Bewohner in den Garten und spielen dort Ball oder ähnliche Sachen.
Alle Mitarbeiter und alle Bewohner wurden auf Covid19 getestet.
!!!!Wir müssen in dieser schwierigen Zeit alle zusammenhalten!!!!
Janica
Hier geht es zum zweiten Teil der Berichte